Die Whisky Kolumne, Nr. 4

Tue Gutes und genieße es …

Es ist immer dasselbe! Immer diese Schreiber, die mit verdrehten Wendungen ums Eck kommen müssen. Und das nur, um mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen. So wie man es in der Werbung auch macht. Wenn man es drauf hat, verdient man damit richtig gut Geld. Und könnte sich so zum Beispiel ein paar mehr oder einen noch besseren Whisky im Glas oder Regal leisten. Sehen Sie! Und genau zu diesem Thema wollte ich Sie hinbewegen. Wann haben Sie sich eigentlich das letzte Mal einen guten Tropfen gegönnt? Wäre doch mal wieder an der Zeit, oder? Es brennen bereits die ersten Kerzen und zum Teil liegen schon die ersten lodernden Scheite im Kamin. Im Grunde richtet sich unser Körper längst auf das innere Kuscheln gegen die Ungemütlichkeit draußen aus. Bei mir regnet es grad heute schon den ganzen Tag. Mir bereitet es immer noch ein bisschen mehr Spaß, um etwas gut zu Papier zu bringen. Wir nennen das in der Gilde derer, die gern zur Feder greifen, den „Schreibregen“. Und ich freue mich ob solch eines trüb-feuchten Wetters immer noch ein bisschen mehr auf einen leckeren Tropfen neben mir im Glas. Wie gesagt: Tue Gutes und genieße es.

Whisky-Genuss: Tue Gutes und genieße es …

Aber natürlich erkennen die beflissenen Köpfe unter den Leserinnen und Leser an dieser Stelle, dass ich eine bekannte Wendung etwas abgewandelt habe, denn selbstredend müsste es „Tue Gutes und rede darüber“ heißen. Und genau zu diesem Punkt wollte ich im Grunde hin. Besser gesagt dazu, dass sich mit meinem so geliebten Thema Whisky eine ganz besondere Besonderheit verbindet, die da ist, dass, wenn man einen guten Whisky im Glas hat, kaum aufhören kann, darüber zu reden. So als würde die Zunge permanent gekitzelt und bedrängt, um immer noch was zu entdecken, was man in hübsche Worte kleiden könnte. Man kann gar nicht genug kriegen von dieser wortklaubenden Maßschneiderei. Würde man mich als mehr oder weniger anerkannten Whisky-Experten fragen, was denn ein Kriterium für einen guten Whisky ist, sprich: woran erkennt man die wirklich guten Tropfen im Glas, und dürfte ich auf diese Frage mal etwas salopper antworten, dann würde ich nämlich sagen, dass man bei einem richtig guten Whisky nicht aufhören kann, mit und über ihn zu reden. Iss so! Im Ernst, jetzt …

Natürlich ist dieser etwas krumm und schief anmutende Auftakt keineswegs ungeplant. Ganz im Gegenteil! Im Grunde wollte ich mit Ihnen genau an dieser Stelle landen, nämlich bei der Frage, was denn nun einen Whisky zu einem guten Whisky macht? Schmecken sollte er ja sicher ohne Zweifel. Nur genau das ist ein weites Feld und besitzt beim Whisky so viele Facetten, dass die Antwort darauf in meinen Augen etwas weiter reichen muss. Außerdem könnte es gut sein, dass Sie gerade deswegen in meinen Zeilen stöbern, um von mir des Pudels Kern vor Augen geführt zu bekommen – nicht nur zu ihrer besseren Orientierung, sondern zugleich, um gegebenenfalls sagen zu können, ha, da fällt mir noch was viel Treffenderes zu ein. Wenn dem so ist: Nur her damit! Schreiben Sie mir dies. Mich treibt die Frage wirklich um und ich freu mich über jede Anregung dazu. Etwa wie diese, die ich von einem Teilnehmer eines Tastings aufgeschnappt habe: „Meine Frau und ich trinken Whisky nur, wenn die Seele lächelt…“. Ja, was für ein traumhaft schöner Satz! Und wie sehr es dem Zauber dieser oft geheimnisvollen Exzellenz des Whiskys gerecht wird! Wenn Ihnen ein Whisky ein Lächeln auf die Lippen zaubert, und zwar so, als schauten Sie Ihrer neuen oder auch schon bewährten Liebe in die Augen, dann sind Sie auf der richtigen Spur. Besser gesagt, dann wissen Sie, zu was ein guter Whisky alles in der Lage ist. Da kniest Du Dich nieder…

Aber ich will Sie heute nicht nur mit halb frivolen Bildern abspeisen oder etwa durch Texteinstiege in der Manier eines Treppenhausgespräches düpieren, sondern zum ersten Mal ganz konkret einzelne Whiskys zum Beleg heranziehen für das, was ich Ihnen gerne mitgeben mag, vom Faszinosum Whisky. Ich nehme nur einmal unsere große Blindverkostung irischer Whiskeys vor einigen Jahren. Am Ende dieser Verkostung hatten wir eine Testreihe mit drei älteren Single Pot Still Whiskeys. Namentlich die beiden 21-jährigen Whiskeys von Redbreast und Bushmills sowie einen 24 Jahre alten Whiskey von der Dubliner Brennerei Teeling. Jede dieser Whiskeys bescherte mir ein schier endloses, mit Verlaub geiles Schmecken und Erleben. In der Mitte des Gaumens schob und rollte sich die ganze Fülle und Dichte an Aromen des Tropfens wie eine Welle am Meer zusammen, türmte sich immer mehr auf und ergoss sich schließlich im Mund schäumend lecker als die Zünglein von Aphrodite. Ich kam mir gefühlt vor wie beim Wellenreiten vor Hawaii. Ich nenne solch wundersam schönen Tropfen seither nur noch „Surf-Whiskys“, weil dieses so intensive Einrollen und Ausgießen aller nur erdenklichen Aromen so kennzeichnend für sie ist. Voilà! Hier haben Sie ein paar Beispiele dafür, wie gut Whiskys sein können – übrigens ganz gleich welcher Herkunft sie sind! Am Ende wird man von diesen wundersamen Tropfen aus destilliertem Getreide mit allen Sinnen gepackt, ist unversehens schier hin und weg, und weiß teils gar nicht mehr, wie einem geschieht. Und natürlich muss man dann darüber reden. Ja, was denn sonst! Der Mund quillt geradezu über davon.

Davon wollte ich heute sprechen. Es gibt wirklich großartige Whiskys bzw. Whiskeys, um hier korrekt und angebrachterweise beide Schreibvarianten zu verwenden, die uns in ein traumhaftes Genießen führen können, übrigens auch in eher stillerer, sanfterer oder gar verstörender Form. Oder raffiniert oder sonst verzaubernd. Es gibt ganz verschiedene Aspekte, dank dessen der Genuss eines Whiskys zu etwas Außergewöhnlichem wird. Aber dann betören sie uns komplett. Und dann können wir gar nicht mehr von ihnen lassen. Und reden. Und reden. Und reden. Und reden. Und so war auch mein Titel gedacht. Insofern: Jetzt aber hoch vom Chesterfield, rauf aufs Rad, rein ins Auto oder los mit dem Bus und hin zum nächsten Whiskyshop. Denen geht‘s grad nicht so prall. Denn dort können Sie oft viele Flaschen auch einfach mal nur probieren. Also! Tue Gutes und genieße es! Sie werden schon sehen, was Sie davon haben …

Mehr von unserem Kolumnisten Heinfried Tacke finden Sie auf
www.whiskyguide-deutschland.de

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